Müskelverkürzung: Was ist das & welche Übungen helfen?

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Das Thema Muskelverkürzung ist sehr umstritten. Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen haben Hinweise geliefert, dass ein Muskel nicht verkürzen kann. Trotzdem wird in der Medizin und Physiotherapie berechtigterweise der Begriff “Muskelverkürzung” verwendet. Wie kann das sein?
Trotz aller Uneinigkeit in der Wissenschaft, zeige ich dir zum Schluss ein paar Übungen mit denen du deine “Muskelverkürzung” behandeln, ganz egal, ob der Begriff fachlich korrekt ist.

Definition “Muskelverkürzung”

Wenn umgangssprachlich von einer “Muskelverkürzung” gesprochen wird, ist das dauerhafte Zusammenziehen eines Muskels gemeint. Ein Muskel an sich kann weder kürzer, noch länger werden. Das Signal, warum ein Muskel sich zusammenzieht und sich nicht wieder vollständig entspannt, kommt vom Kopf.

Hinweis: Warum sich ein Muskel nicht mehr vollständig entspannt und was die perfekte Behandlungsmethode dagegen ist, konnte wissenschaftlich noch nicht eindeutig geklärt werden. Am Ende des Artikels nenne ich verschiedene Ansätze, die neue wissenschaftliche Untersuchungen zeigen.

Warum ist eine “Muskelverkürzung gefährlich?

Wie bereits erwähnt, verkürzt der Muskel selbst nicht, sondern zieht sich über einen bestimmten Zeitraum zusammen. Das bedeutet allerdings nicht, dass ein dauerhaftes Zusammenziehen der Muskulatur weniger gefährlich für deine Gesundheit ist. Hierfür gibt es verschiedene Gründe.

Dysbalancen:
Um das zu verstehen, ist es wichtig zu wissen, dass jeder Muskel einen Gegenspieler hat. Der Gegenspieler vom Bizeps ist der Trizeps und der Gegenspieler vom Bauch ist der untere Rücken.
Damit dein Körper richtig “funktioniert”, müssen die Zugkräfte gleich sein. Dann befindet sich dein Körper sozusagen in den Werkseinstellungen. So muss zum Beispiel die Zugkraft deines Bauches genauso groß sein, wie die Zugkraft von deinem unteren Rücken, damit du aufrecht gehen kannst.
Wenn sich ein Muskel dauerhaft zusammenzieht, befindet sich dein Körper nicht in einer neutralen und natürlichen Position. Das kann wiederum zu Überbelastungen führen. Später werde ich auf verschiedene Beispiele eingehen und anhand dessen die Dysbalancen anschaulich erklären.

Einseitige Belastungen führen häufig zu Hüftschmerzen. Diese zu Behandeln ist etwas komplizierter und sollte am besten zusammen mit einem Physio angegangen werden.

Bewegungseinschränkung:
Ein anderer Grund, warum “Muskelverkürzungen” hinderlich sein können, ist eine eingeschränkte Bewegungsfreiheit. Bei Kraftübungen wie der Kniebeuge oder dem Kreuzheben ist eine gewisse Beweglichkeit notwendig, um die Übungen korrekt auszuführen. Wenn diese Beweglichkeit aufgrund eines dauerhaften Zusammenziehens der Muskulatur nicht gegeben ist, wird beispielsweise der Rücken unnötig stark belastet.
Aber auch für den Alltag ist eine ausreichende Beweglichkeit notwendig. Wenn du zum Beispiel eine Kiste mit geradem Rücken hochheben möchtest, brauchst du dafür eine gewisse Dehnfähigkeit im hinteren Oberschenkel.

Muskelverkürzung

Spannungsschmerzen:
Wenn sich der Muskel dauerhaft zusammenzieht, wird dadurch die Grundspannung in der Muskulatur erhöht. Diese Spannung kann sich auch auf die Gelenke übertragen. Ein dauerhaftes Zusammenziehen der Oberschenkelmuskulatur kann zum Beispiel dafür sorgen, dass du aufgrund des hohen Drucks Schmerzen im Knie verspürt. Dabei spielen die Faszien auch eine erhebliche Rolle. Mehr Informationen dazu findest du im letzten Abschnitt.

Was kannst du gegen eine “Muskelverkürzung” tun?

Um dem dauerhaften Anspannen entgegenzuwirken, gibt es mehrere Möglichkeiten. Wichtig bei der Behandlung einer “Muskelverkürzung” ist, dass auch das fasziale Gewebe betrachtet wird. Das steht in einer engen Wechselwirkung mit der Muskulatur und kann die Spannung zusätzlich erheblich beeinträchtigen.

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Drei Elemente, um einen Muskel zu entspannen:

Triggern: Mit Triggern ist punktuelles Bearbeiten der Muskulatur und des Fasziengewebes gemeint. Das kann entweder durch eine Massage erfolgen oder durch eine Selbstbehandlung mit einer Faszienrolle (oder anderen Faszientools). Dadurch lösen wir in erster Linie die Spannung, die vom Fasziengewebe ausgeht. Mehr dazu findest du hier: Faszientraining

Muskelverkürzung Übung
schulter dehnen arme an wand und ruter beugen

Dehnen: Ein weiterer Baustein, um “Muskelverkürzungen” entgegenzuwirken, ist statisches Dehnen. Dadurch ist es möglich, die Dehnfähigkeit der Muskulatur zu erhöhen. Die Wissenschaft konnte noch nicht klären, was genau Dehnen bewirkt. In der Physiotherapie wird es aber nach wie vor erfolgreich angewandt.

Stretching - dynamisch

Bewegungsradius nutzen: Das dritte Element ist das Ausschöpfen des gesamten Bewegungsradius. Dabei wird das Gewebe so beansprucht, dass die Strukturen langfristig an die Bewegung angepasst werden. Wenn dir z.B. Beweglichkeit für die Kniebeuge fehlt, kannst du deine Beweglichkeit verbessern, indem du häufig in diese Position gehst.

Übungen für “Muskelverkürzungen”

In diesem Abschnitt möchte ich dir Übungen zeigen, die dir helfen, einem dauerhaften Zusammenziehen von bestimmten Muskeln entgegenzuwirken.

Beinbeuger/hinterer Oberschenkel:

Der hintere Oberschenkel ist bei vielen Menschen verkürzt. Um dem entgegenzuwirken, kannst du folgende Übungen machen:

Faszientraining hinterer Oberschenkel - Muskelverkürzung

Behandlung mit der Faszienrolle:

Zunächst beginnst du damit den hinteren Oberschenkel mit der Faszienrolle zu bearbeiten, damit du die Spannung reduzieren kannst. Dafür rollst du langsam nach vorne und nach hinten. Wenn du einen harten Punkt gefunden hast, kannst du diesen gerne länger bearbeiten. Falls du noch keine Faszienrolle hast, schau mal hier vorbei: Faszienrollen Test

Dehnen:

oberschenkel rückseite dehnen

Als Nächstes wird der hintere Oberschenkel gedehnt, um die Dehnfähigkeit zu verbessern. Dafür legst du deinen Fuß auf eine Erhöhung und streckst das Bein durch. Jetzt beugst du dich nach vorne und versuchst deinen Fuß zu greifen.

Bewegungsradius nutzen:

Zudem ist es hilfreich, eine Bewegung zu finden, bei welcher der komplette Bewegungsradius genutzt wird. Für den hinteren Oberschenkel könntest du zum Beispiel Kreuzheben durchführen.

Unterer Rücken/Lendenwirbelbereich:

Beim unteren Rücken herrscht häufig eine zu große Spannung, die schnell zu Schmerzen führt. Auch dagegen kannst du verschiedene Sachen machen.

Duoball Rücken muskelverkürzung

Duoball: Um den unteren Rücken bestmöglich zu treffen, eignet sich ein Duoball sehr gut. Dort hast du eine Aussparung in der Mitte für die Wirbelsäule. Jetzt rollst du auch hier langsam hoch und runter. Dabei wird der Druck aus der Muskulatur und den Faszien genommen. Mehr zum Duoball findest du hier: Duoball Test

rücken dehnen muskelverkürzung

Dehnen: Für diese Dehnübungen setzt du dich auf den Boden. Dann greifst du von außen nach innen an deine Fußsohlen und ziehst dich nach vorne. Mit jedem Ausatmen versuchst du dich noch ein Stück weiter nach vorne zu ziehen.

Bewegungsradius nutzen:

In diesem Fall eignet sich den Jefferson Curl. Bei der Übung rollst du dich Wirbel für Wirbel ab und anschließend wieder auf.

Kann ein Muskel überhaupt verkürzen?

Vorweg sei gesagt, dass die Wissenschaft sich bei diesem Thema noch nicht geeinigt hat. Es wird noch ein paar Jahre dauern, bis beim Thema Muskelverkürzung Klarheit herrscht. Was jedoch feststeht ist, dass es eine “Muskelverkürzung” nicht gibt. Es gibt verschiedene Faktoren, die Symptome eines “verkürzten” Muskels liefern.

Was wir umgangssprachlich als Verkürzung verstehen, ist ein dauerhaftes Zusammenziehen (Kontrahieren) der Muskulatur. Beim Bizeps (vorderer Muskel des Oberarms) ziehen wir den Unterarm nach oben, wenn sich der Muskel zusammenzieht. Wenn du den Unterarm absenkst, entspannt sich die Muskulatur wieder. Dieser Prozess wird vom Gehirn gesteuert. Das kann sowohl bewusst als auch unbewusst erfolgen. Wenn wir umgangssprachlich von einer Entspannung reden, entspannt sich der Muskel nicht mehr komplett.

Ein möglicher Ansatz ist, dass unser Kopf bestimmte Muskeln falsch ansteuert. Das heißt, wir sind so programmiert, dass wir schon im Ruhezustand bestimmte Muskeln anspannen. Eine mögliche Erklärung dafür könnte Stress sein. Durch Stress wird nämlich die Grundspannung in der Muskulatur erhöht.
Dazu kommen einseitige Belastungen. Es wird vermutet, dass zum Beispiel der vordere Oberschenkel dauerhaft vom Kopf angesteuert wird, da wir einen großen Teil des Tages sitzen und sich dabei die vordere Oberschenkelmuskulatur leicht zusammenzieht.

Der einzige Grund kann das allerdings auch nicht sein, da herausgefunden wurde, dass bei Menschen in Narkose auch eine Grundspannung im Muskel besteht. Wie du merkst, gibt es da noch viel Forschungsbedarf, sodass wir gespannt sein können, was uns die Wissenschaft der nächsten Jahre liefert.

Ein wichtiger Hinweis wurde im letzten Jahrzehnt durch die intensive Faszienforschung geliefert. Es wurde herausgefunden, dass das Fasziengewebe, umgangssprachlich Bindegewebe, viele Eigenschaften besitzt, bei denen man vorher dachte, dass sie der Muskulatur zugeschrieben werden. Im Gegensatz zu der Muskulatur, kann das Fasziengewebe “verkürzen”, genauer gesagt verkleben. Diese Verklebungen können auch von Stress verursacht werden.

Diese Erkenntnis ist insofern hilfreich, dass man bei einer “Muskelverkürzung” nicht nur den Muskel selbst beachten muss, sondern auch das fasziale Gewebe. Aus eigener Erfahrung und der Erfahrung vieler Physiotherapeuten sowie Yoga-Lehrern ist das Training der Faszien kombiniert mit gezielten Dehnübungen sehr effektiv.

Eine weitere Frage ist, ob Dehnen überhaupt sinnvoll ist. Es gibt Wissenschaftler, die sagen das Dehnen nicht funktioniert. Was allerdings feststeht ist, dass man durch Dehnübungen mehr Beweglichkeit erlangen kann. Bei Dehnübungen wird zudem auch die Faszie gedehnt und nicht nur der Muskel.

Es ist unklar, ob eine größere Beweglichkeit prinzipiell die Verletzungsanfälligkeit reduziert. Allerdings steht fest, dass erhebliche Bewegungseinschränkungen die Verletzungsanfälligkeit erhöhen.

Fazit
Muskelverkürzung ist ein sehr schwieriges Thema. Die Wissenschaft liefert zwar schon einige interessante Hinweise, endgültige Klarheit herrscht aber noch lange nicht.

5 Antworten

  1. hallo hab nach meinen zwei hüft op’s (2017 und 2020 Mai) (impinigiment syndrom) jetzt einen verkürzten/ und stark verhärteten Muskel am oberen vorderen Oberschenkel. leider hilft die Physio nicht wirklich das der Muskel wieder „normal“ wird. der physiotherapeut muss immer wieder bei null anfangen gibt es eine möglichkeit das der Muskel merkt das er wieder normal wird und ich nicht die Bewegungseinschränkung habe? und übungen mit der faszienrolle bringen auch nichts. können sie mir vllt noch eine möglichkeit sagen was ich tun kann. lg aus berlin

  2. Hallo zusammen !

    Ich bin ein 62-jähriger Büromensch mit 1,86 m Körpergröße und ausgeprägtem Rundrücken und habe offensichtlich durch meine vorgebeugte Schulterhaltung meine vorderen Brustmuskel stark verkürzt. Bei verschiedenen Sitz- und Stehpositionen verspüre ich oft für einige Sekunden immer wieder Brustenge bzw. dann so eine Art Beklemmnis bzw. Atemnot. Internistisch ist aber alles in Ordnung. Bei mir ist dies eindeutig haltungsbedingt. Mit welchen einfachen Übungen könnte ich hier gegensteuern ? Muss ich hiezu die Rückenmuskulatur dehnen, damit ich vorne dann mehr „Luft“ habe ?

    Danke für die Rückinfo !

  3. Hey Daniel,

    das ist wirklich ein sinnvoller und wissenswerter Artikel den du hier verfasst hast.

    Erwähnenswert im Rahmen diesen Beitrages sind noch die sogenannten „Cross-Links“, welche jedoch an dieser Stelle den Rahmen sprengen würden. Kurz gefasst: Es ist wichtig alle Kontextfaktoren zu beachten, um herauszufinden wie sich eine bestimmte Struktur verhalten kann

    – Sinnvoll ist es deshalb bei einer verspannten/gering dehnfähigen Muskulatur nicht nur von Dehnübungen, Massagen und Faszienrollen, sondern auch (oder vorallem) von Krafttraining [über die volle ROM (Range of Motion)] und Ausdauersport für die Stoffwechselanregung und Belastbarkeitssteigerung zu sprechen.

    Kontextfaktoren z.B. Stress, Angst, Entzündung, Temperatur, Stoffwechselzustand usw

  4. Hallo, ich finde den Beitrag echt spannend! Dennoch fände ich es wichtig Quellenangaben zu machen.
    Leider kann ich die guten, gebündelten Informationen nicht verwenden, da ich sie somit nicht überprüfen kann.
    Echt schade!

    Aber sonst guter Beitrag zur Muskelverkürzung!

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